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Stadtführungen im Nollendorkiez in Berlin

Ein queeres Herz, das seit über 100 Jahren schlägt

Wer durch Berlin-Schöneberg spaziert, stolpert fast automatisch über ihn: den Nollendorfplatz. Ein Ort, der nicht nur architektonisch auffällt, sondern vor allem kulturell. Seit den 1920er Jahren ist er ein Zentrum für queeres Leben – damals wie heute. Der Platz steht für Freiheit, Sichtbarkeit und Vielfalt. Und er trägt eine Geschichte in sich, die weit über Berlin hinausstrahlt.

Von der Weimarer Republik bis heute

Schon in den 1920ern zog es queere Menschen hierher: Bars, Clubs und Lokale machten Schöneberg zu einem Zufluchtsort in einer Zeit, die ansonsten von Unsicherheit geprägt war. Während andernorts Homosexualität kriminalisiert blieb, bot Berlin ein Fenster zur Freiheit – wenn auch ein zerbrechliches.

Verfolgung und Neuanfang

Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten wurde das queere Leben brutal unterdrückt. Viele Lokale schlossen, Menschen wurden verfolgt, verhaftet oder ins Exil gezwungen. Der Nollendorfplatz war plötzlich kein sicherer Ort mehr, sondern ein Symbol dafür, wie schnell Freiheit zerstört werden kann. Nach 1945 brauchte es Jahrzehnte, bis queeres Leben hier wieder sichtbar wurde. Doch mit der Zeit kehrte die Vielfalt zurück.

Das heutige queere Zentrum

Heute pulsiert rund um den Platz ein queeres Viertel, das international bekannt ist. Bars wie das „Heile Welt“, das „Tom’s“ oder das „Hafen“ sind Treffpunkte für Menschen aus aller Welt. Besonders die Motzstraße ist legendär – hier finden Straßenfeste, CSD-Partys und unzählige Begegnungen statt. Der Regenbogen über dem U-Bahnhof ist längst mehr als nur ein Symbol: er ist eine Einladung.

Der Nollendorfplatz als Symbol

Für viele steht der Platz heute für mehr als Nachtleben. Er erinnert daran, dass queeres Leben immer politisch war und es bis heute ist. Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Solidarität – all das bündelt sich hier. Wer über den Platz geht, bewegt sich also nicht nur durch ein Stück Berlin, sondern durch ein Stück queere Weltgeschichte.

Fazit

Der Nollendorfplatz ist ein Ort voller Widersprüche: glamourös und politisch, laut und verletzlich, lokal verwurzelt und international bekannt. Wer Berlin queer erleben will, kommt hier nicht vorbei. Und wer genauer hinsieht, erkennt: Der Platz erzählt nicht nur von der Vergangenheit – er lebt in der Gegenwart.